Immobilien

Diesmal nicht in der Premier League

Die Korrektur am deutschen Immobilienmarkt ist weit fort­ge­schritten. Die Chancen stehen gut, dass Investoren das Schlimm­ste überstanden haben. Gleichwohl bleiben die Risiken hoch.

Der Immobilienmarkt in Deutschland befindet sich nach einem langjährigen Aufschwung in einer Korrektur. Nachdem sich die Immobilienwerte in wichtigen Segmenten seit 2010 verdoppelt hatten, geben sie seit etwa Mitte 2022 nach. Eine Ausnahme sind Einzelhandelsimmobilien, deren Werte vor allem wegen der zunehmenden Konkurrenz des Onlinehandels bereits seit 2018 den Rückwärtsgang eingelegt hatten.

Auslöser für das Ende des Booms waren nicht Angebotsüberschüsse oder eine mangelnde Nachfrage nach Immobilien, sondern vor allem die kräftig gestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt, die in kurzer Zeit die Finanzierung massiv verteuert haben.

Großteil der Korrektur am Wohnungsmarkt vollzogen

Am deutschen Wohnungsmarkt liegen die durchschnittlichen Preisrückgänge bisher in einer Größenordnung von rund 5 % (vdp-Index) bis 10 % (Statistisches Bundesamt). Dabei weisen beide Datenreihen zu-letzt eine Verlangsamung des Abwärtstrends aus. Generell fallen die Rückgänge vor allem bei Gebäuden besonders hoch aus, die nicht den zunehmenden energetischen Anforderungen entsprechen.

Eine Reihe von Gründen spricht nun dafür, dass der Preisrückgang in den kommenden Quartalen allmählich ausläuft und im neuen Jahr zumindest ein moderater Anstieg der Hauspreise wahrscheinlich ist.

Trendwende – zumindest am Wohnungsmarkt

Zunächst ist festzuhalten, dass ein Großteil des vorangegangenen Preisanstiegs funda­mental gerechtfertigt war. Denn nach wie vor trifft ein knappes Angebot am Wohnungs­markt auf durch hohe Zuwanderung steigende Nachfrage. Die Zahl der Wohnungsfertig­stellungen liegt seit Jahren deutlich unter dem geschätzten Bedarf von rund 400.000 Einheiten jährlich und dürfte 2024 nochmals deutlich auf nur noch rund 200.000 Einheiten zurückgehen. Darauf deuten die kräftig gesunkenen Baugenehmi­gungen sowie Auftragseingänge hin.

Etwas bessere Erschwinglichkeit von Wohneigen­tum

Bei der Erschwinglichkeit von Wohneigentum zeichnet sich für das neue Jahr zumindest eine leichte Besserung ab: Die Kapitalmarktzinsen dürften mit der Leitzins­erhöhung der EZB Mitte September ihren Hochpunkt erreicht haben, bei den Hypo­theken­zinsen war die Aufwärtsdynamik schon vor einigen Monaten weitgehend zum Erliegen gekommen.

Wenn am Kapitalmarkt perspektivisch Zinssenkungserwartungen hinsichtlich der Notenbank zunehmen, sollte dies bei den Hypothekenzinsen zu einer gewissen Erleichterung führen. Auch bei anderen Faktoren der Erschwinglichkeit zeichnet sich eine Entspannung ab: Die Hauspreise sind rückläufig und die Reallöhne werden angesichts hoher Lohnsteigerungen und sinkender Inflationsraten wieder zulegen. Nicht zuletzt stützt die nach wie vor positive Mietentwicklung und trägt zur Stabilisierung der Hauspreise bei.

Von staatlicher Seite gibt es 2024 mehr Unterstützung für den Wohnungsmarkt: Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung umfasst u. a. eine degressive Abschreibung von jährlich 6 % für neue Wohngebäude, die Aussetzung des Energiesparstandards EH40, mehr sozialen Wohnungsbau sowie die Anhebung der Einkommensgrenzen für zinsvergünstigte Darlehen. Einiges davon ist jedoch kurzfristig nicht umsetzbar, z. B. weil die Zustimmung der Länder erforderlich ist; anderes wird sich erst mit größerer zeitlicher Verzögerung im Wohnungsbau auswirken.

Alles in allem können Investoren zwar für 2024 mit einer Trendwende bei den Haus­preisen rechnen. Für Immobilienentwickler und Bauunternehmen bleiben die Risiken jedoch hoch. Hier wird die Erholung länger auf sich warten lassen. Die Zahl der Insol­venzen dürfte erst einmal hoch bleiben und so manche Refinanzierung angesichts gegenüber der ursprünglichen Finanzierung deutlich höheren Zinsen Probleme bereiten.

Hohe Unsicherheit bei Büros, Bodenbildung bei Einzelhandelsobjekten

Stärker als im Wohnsegment sind zuletzt die Preise von Büroimmobilien gesunken. Aber auch hier sind die Rückgänge zuletzt geringer ausgefallen und steigende Mieten in guten Lagen wirken stabilisierend. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit über das künftige Ausmaß des Arbeitens im Homeoffice sowie zuletzt überdurchschnittlicher Fertigstellungen dürften die Preise aber 2024 unter Druck bleiben und die Leerstände von moderatem Niveau noch leicht zulegen.

Wir rechnen weder mit einer verbreiteten Rückkehr in die Büros noch mit einer weiteren Ausweitung des Arbeitens im Homeoffice. Insgesamt wird der Trend zum hybriden Arbeiten zu einem Rückgang der Flächennachfrage führen. Dieser wird sich aber nur allmählich vollziehen und von einer geringeren Bauaktivität begleitet sein, so dass die Auswirkungen überschaubar bleiben.

„Kein Homeoffice ist auch keine Lösung“

Jean-Victor Alipour, ifo Schnelldienst (10/2023)

Bei Einzelhandelsimmobilien haben die Mieten zuletzt wohl eine Bodenbildung voll­zogen. Da die Korrektur hier bereits seit etwa 2018 andauert und schon weit fortge­schritten ist, scheint 2024 eine Stabilisierung der Immobilienwerte auf niedrigem Niveau wahrscheinlich.

Immobilienindizes

Offene Immobilienfonds im Renditetal

Die Renditen offener Immobilienpublikumsfonds in Deutschland haben bereits seit einigen Monaten nachgegeben. Die Performance, gemessen am „Helaba OIF-Index“, fiel zuletzt unter die 2 %-Marke. Der Index bildet die durchschnittliche Wertentwicklung von neun großen Publikumsfonds der vier führenden Anbieter ab. Der durch Abwertungen einzelner Immobilien in einigen Portfolios verursachte Rückgang wird sich noch einige Monate fortsetzen.

Performance geht erst mal weiter zurück

Dafür sprechen auch die jüngsten Performancedaten aus wichtigen Auslandsmärkten wie Frankreich, Großbritannien und den USA, in denen jeweils rund ein Zehntel der Immo­bilien investiert wurde. Die besondere Bewertung der Gebäude durch Sachver­ständige führt zu einer verzögerten Reaktion der Fondsanteile. Die durchschnittliche Performance der offenen Fonds dürfte sich erst im Verlauf von 2024 stabilisieren, zu Jahresende wird sie vermutlich noch unter 2 % liegen.

Die Nettomittelzuflüsse offener Fonds sind schon seit mindestens drei Jahren im Trend rückläufig. Angesichts der gegenüber festverzinslichen Wertpapieren deutlich gesunk­enen Attraktivität der Fondskategorie – die Rendite wird weiter unter der Verzinsung 10-jähriger deutscher Staatsanleihen liegen – ist für 2024 nicht mit Mittelzuflüssen, sondern eher mit Abflüssen zu rechnen. Sie dürften aber aufgrund der 2013 einge­führten Mindesthaltedauer und Kündigungsfrist nicht die Größenordnung wie 2005/2006 oder 2008 erreichen, obwohl es noch größere Altbestände gibt, die vor der Neuregelung erworben wurden.

Dr. Stefan Mitropoulos

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