2022 hätte ein Gold-Jahr werden müssen. Schließlich dient das Edelmetall als Schutz in Krisen, an denen es wahrlich nicht gemangelt hat: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, Energie- und Rohstoffmangel, Lieferkettenprobleme, sehr hohe Inflation und nun im Gefolge eine drohende Stagnation der Weltwirtschaft bzw. Rezession in Deutschland.
Das fundamental schwierige Terrain war wie geschaffen für Gold. Dennoch ging es preislich stetig bergab, abgesehen von einem temporären Hoch kurz nach Kriegsausbruch Anfang März mit knapp 2.030 US-Dollar je Feinunze. 2022 dürfte erneut als Verlustjahr mit knapp 3 % zu Buche schlagen. Etwas besser sieht die Rechnung für Euroanleger aus. Die Schwäche der Gemeinschaftswährung sorgt für ein Plus von gut 6 %.
„Gold funktionierte seit der Zeit Alexander des Großen. Wenn etwas über 2.000 Jahre Bestand hat, …dann nicht aufgrund von Vorurteilen oder einer falschen Theorie.“
Bernard Baruch, Börsenspekulant (1870-1965)
Trotz historisch hoher Teuerung läuft Gold als Inflationssicherung nicht. Das liegt an dem Kursschwenk der Notenbanken, allen voran der Fed, die der hohen Inflation mit kräftigen Leitzinsschritten den Kampf angesagt haben. Gold, das keine Zinsen abwirft, leidet unter den steigenden Opportunitätskosten. Je höher der Zinsdruck, umso stärker gab der Preis für Gold nach, auch wenn das Bild in realer Rechnung für das Edelmetall sprach.
Indes ist eine Schwäche während einer Zinserhöhungsphase nicht ungewöhnlich. Vielmehr zeigen vergangene Zinszyklen, dass sich für Gold wieder Chancen ergeben, sobald diese enden. Je schneller sich also 2023 Erfolge in der Inflationsbekämpfung zeigen, umso schneller dürfte sich das Edelmetall festigen. Verkehrte Welt: Gold kann erst dann profitieren, wenn die Belastungen steigender Zinsen schwinden. Hat das Edelmetall damit als Inflationsschutz ausgedient?
Das kommt darauf an, wie ernst die Geldpolitik die Bekämpfung nimmt bzw. welches Niveau sie abseits ihrer Ziele als akzeptabel einstufen wird. Je herausfordernder das konjunkturelle Umfeld im Laufe des Jahres wird, umso schwerer dürften weitere Zinsschritte politisch zu rechtfertigen sein.
Für die Fed und die EZB ist das eine Wanderung auf schmalem Grat: Sie müssen dem Eindruck entgegentreten, nicht genug gegen die hohe Inflation getan zu haben. Umgekehrt gilt es, wirtschaftliche Verwerfungen zu verhindern. Schon angesichts der hohen Staatsverschuldung in beiden Wirtschaftsräumen dürfte die Geldpolitik eine leichte Neigung zu Gunsten des Wachstums einnehmen.
Gold dürfte 2023 als Versicherungsschutz gegen erhöhte Inflation in Kombination mit einem schwächeren Wachstum gefragt sein.
Der geldpolitische Extremfall unter Notenbankchef Paul Volcker in den 1980er Jahren wird sich nicht wiederholen. Er besiegte mit drastischen Zinsanhebungen zwar die Inflation, aber um den Preis der schwersten US-Rezession der Nachkriegsgeschichte. Gleichzeitig läutete Volcker eine lange Schwächeperiode für Gold ein, die letztlich erst mit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 beendet wurde.
Die Fed oder gar die EZB werden diesen Pfad nicht beschreiten, so dass sich Gold über 1.900 US-Dollar je Feinunze festigen wird.
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.