Xi Jinping hat sich auf dem Parteikongress im Oktober die Führungsrolle für mindestens fünf weitere Jahre gesichert. Er hat innerhalb der Kommunistischen Partei (KP) eine Machtposition inne, die es so wohl seit Mao Zedong nicht mehr gab. Ob er sie nutzen kann, um mit den großen innen- und außenpolitischen Herausforderungen fertig zu werden, denen sich China gegenübersieht, wird sich zeigen.
„Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.“
Mao Zedong
Xi hat sich auf beiden Gebieten als Hardliner erwiesen: als Nationalist und klarer Verfechter der Alleinherrschaft der KP. Die Positionierung an Russlands Seite im Ukraine-Konflikt, Drohungen gegen Taiwan und regelmäßige rhetorische Attacken gegen die USA und „den Westen“ liefern hierfür Beispiele.
Chinas Wirtschaft leidet derzeit besonders unter zwei hausgemachten Problemen, die beide letztlich auf politische Entscheidungen zurückgehen. Zum einen ist der wichtige Immobiliensektor in eine Krise geraten, nachdem die Regierung eingegriffen hatte. Selbst wenn es letztlich gelingt, die Lage ohne einen Crash in den Griff zu bekommen, wird der Sektor 2023 die Stimmung der privaten Haushalte und das Wachstum belasten. Wahrscheinlich wird eine Stabilisierung des Immobilienmarktes erhebliche öffentliche Mittel erfordern.
Darüber hinaus steht Xi bislang voll hinter seiner „Null-Covid-Politik“, die das Land bereits 2022 massiv Wachstum gekostet hat, als im Frühjahr unter anderem Schanghai in den Lockdown ging. Anhaltende Restriktionen für die Bevölkerung werden die Konsumentenstimmung belasten und die Binnennachfrage auch 2023 bremsen. Erste Anzeichen für einen etwas weniger drakonischen Kurs in der Pandemiepolitik sprechen aber dafür, dass dieser Faktor 2023 an Bedeutung verliert.
Außenwirtschaftspolitisch steht der Handels- und Technologiekonflikt mit den USA weiterhin im Mittelpunkt. Der Außenhandel ist aber, allen Sorgen über zeitweise „stillliegende“ Häfen zum Trotz, ein konjunktureller Lichtblick. China profitiert hier einmal von billigen Rohstofflieferungen aus Russland. Gleichzeitig ersetzen seine Unternehmen westliche Anbieter, die sich wegen Sanktionen von diesem Markt zurückgezogen haben.
Aber selbst der Handel mit Europa und den USA läuft weiterhin gut. Daran wird sich 2023 wohl wenig ändern. Eine Abkopplung der westlichen Ökonomien von China wäre ein langwieriger Prozess – zumal unklar ist, mit wie viel Enthusiasmus ein solcher Kurs im Westen derzeit wirklich verfolgt wird.
Unter dem Strich wird China trotz verstärkter Stimulusanstrengungen mit dem erwarteten Wachstum von 5 % im Jahr 2023 voll zufrieden sein können. Wir haben bei dieser Prognose relativ optimistische Annahmen für die binnenwirtschaftlichen Belastungsfaktoren zugrunde gelegt. Die daraus entstehenden China-spezifischen Abwärtsrisiken könnten das Land aber auch im Basisszenario zu einer Quelle von Unsicherheit und zu einer zusätzlichen konjunkturellen Bremse machen.
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