Der 2022 begonnene, beispiellose Transformationsprozess der russischen Wirtschaft wird sich 2023 fortsetzen. Die Unternehmen suchen neue Märkte für ihre Produkte und müssen neue Bezugsquellen für Vorprodukte finden. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine ist nicht mit einer politischen Entspannung zu rechnen, weshalb auch die Sanktionen fortbestehen werden. Damit bricht ein wichtiger Markt für Russland weg. In die Europäische Union ging 2021 noch ca. ein Drittel der Warenexporte.
Allerdings ist die Sanktionsspirale weitgehend ausgereizt und der zusätzliche Effekt weiterer Pakete dementsprechend geringer. Ein großes Risiko wären Sekundärsanktionen, die in den Handel Russlands mit außereuropäischen Staaten eingreifen würden.
Auf die Rezession 2022 folgt 2023 eine Stagnation. Die Unsicherheit ist bedeutend ausgeprägter als sonst, da die wirtschaftlichen Perspektiven extrem volatilen (außen-)politischen Faktoren unterliegen. Es ist davon auszugehen, dass im ersten Halbjahr eine Bodenbildung stattfindet und das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Halbjahr wieder zu wachsen beginnt. Auch in den Folgejahren werden die Sanktionen das Wachstumspotenzial aber begrenzen.
Investitionen und Exporte werden 2023 weiter schrumpfen. Für das Land ist das eine schlechte Nachricht, da die Umleitung der Exporte von West nach Ost signifikante Investitionen in die Infrastruktur erfordert. Auch auf dem Arbeitsmarkt sind neue Qualifikationen gefragt. Die Unternehmen müssen sich notgedrungen in China und anderen asiatischen Ländern einen Ersatz für bisher westliche Lieferantenbeziehungen suchen.
Produktionsprobleme sind dabei nicht auszuschließen, zumal andere Produkte und Ausrüstungen auch neue Anforderungen an das Personal stellen. So müssen neue Fertigkeiten erst erlernt werden, Unternehmen könnten vermehrt Mitarbeiter entlassen bzw. nicht sofort neue finden. Ausgehend von einem Rekordtief 2022 dürfte die Arbeitslosigkeit 2023 leicht steigen, aber kein Massenphänomen werden.
Beim privaten Konsum wird es 2023 nur eine kleine Erholung geben, weil die Unsicherheit in Bezug auf Arbeitsplatz und verfügbare Einkommen anhält. Zumindest etwas Entspannung gibt es an der Preisfront. Die Inflation wird 2023 auf 9 % zurückgehen, damit aber immer noch deutlich über dem Ziel der Zentralbank von 4 % liegen.
Da die russische Notenbank den Leitzins seit Beginn des Krieges im Februar 2022 ausgehend von 20 % in mehreren Schritten auf ein einstelliges Niveau reduziert hat, bleibt 2023 wenig Spielraum für weitere Senkungen.
Wichtigste Stütze der Wirtschaft bleibt die Fiskalpolitik. Weil etwas mehr als die Hälfte der Währungsreserven von 550 Mrd. US-Dollar (Stand: Oktober 2022) von westlichen Zentralbanken eingefroren wurden, hängt die Fähigkeit der russischen Regierung Unterstützung zu leisten, wesentlich von den Öl- und Gaseinnahmen ab.
Aufgrund des Ende 2022 verhängten Öl-Embargos der EU sowie der Tatsache, dass russisches Öl mit einem Abschlag zu anderen Ölsorten notiert, werden die Rohstoffeinnahmen 2023 geringer ausfallen.
Eine weitere Belastung für den Haushalt sind die hohen Militärausgaben. Eine genaue Einschätzung bleibt schwierig, weil Russland im Zuge der Sanktionen keine detaillierten Statistiken zu den Staatsfinanzen mehr veröffentlicht.
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