Brasiliens neuer Präsident Luiz Inàcio Lula da Silva, der das Amt bereits von 2003 bis 2010 innehatte, wird die kommenden vier Jahre mit einem von der konservativen Opposition dominierten Kongress zusammenarbeiten müssen.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat der Sozialist eine Präferenz für staatliche Eingriffe ins Wirtschaftsgeschehen. So soll die marktbasierte Preisgestaltung des staatlichen Erdölkonzerns abgeschafft werden. Anders als Bolsonaro lehnt Lula weitere Privatisierungen ab.
„Ich möchte einmal mehr beweisen, dass es für die Ärmsten möglich ist, gut zu leben und die Wirtschaft zu wachsen.“
Staatspräsident Lula
Das Wirtschaftswachstum wird 2023 auf 2 % steigen. Zwar ist deutlich weniger Rückenwind von den Rohstoffpreisen zu erwarten, allerdings sollte sich die Konsumlaune weiterhin als robust erweisen, gestützt von einer rückläufigen Inflation. Einerseits leidet das Wachstum der Investitionen unter dem hohen Zinsniveau. Andererseits haben Investoren nun durch das Ende der wahlbedingten Unsicherheit mehr Klarheit über den wirtschaftspolitischen Kurs.
Zugute kommt dem Land die Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur. Im Gegensatz zu anderen rohstoffexportierenden Ländern belaufen sich die Exporte von Waren und Dienstleistungen nur auf 20 % des BIP. Neben Rohstoffen (wie Eisenerz, Phosphate, Erdöl) spielen in Brasilien auch Industrie (z.B. Fahrzeuge, Luft-fahrt), Landwirtschaft und Tourismus eine Rolle.
Die dringend notwendige Konsolidierung der Staatsfinanzen wird 2023 nicht angegangen. Bereits 2022 wäre der Haushalt durch die zusätzlichen Sozialausgaben im Vorfeld der Wahlen noch stärker in Schieflage geraten, hätten nicht die hohen Rohstoffeinnahmen für eine Entlastung gesorgt. Die Rohstoffpreise werden sich 2023 vor dem Hintergrund der schwächeren Weltwirtschaft normalisieren. Gleichzeitig kann es sich die Regierung politisch nicht leisten, die Ende 2022 auslaufenden Maßnahmen zur Unterstützung der privaten Haushalte nicht zu verlängern.
Das führt in der Summe dazu, dass das Haushaltsdefizit 2023 mit rund 8 % des BIP sogar noch größer ausfallen dürfte als im Vorjahr. Somit wird auch die Staatsverschuldung weiter steigen und voraussichtlich 2024 mit ca. 90 % des BIP ihren Höchststand erreichen.
Anders als bei vielen anderen Schwellenländern dürfte die Geldpolitik in den Industrieländern und der daraus resultierende Zinsanstieg in Brasilien keine Schuldenkrise auslösen. Das liegt daran, dass weniger als 10 % der Verschuldung in Fremdwährung notiert und Ausländer nur rund 15 % der Staatsverschuldung halten.
Nach zahlreichen Leitzinserhöhungen ist es der Zentralbank gelungen den Preisauftrieb zu stoppen. 2023 wird sich die Inflation allmählich abschwächen, im Jahresdurchschnitt auf etwa 5 %. Sollte sich die wirtschaftliche Lage stärker eintrüben, besteht somit die Möglichkeit, mit Zinssenkungen gegenzusteuern.
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.