Nach der reformorientierten Draghi-Regierung wagt Italien nun einen politischen Neustart unter der Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni. Abzuwarten bleibt, wie stabil die Drei-Parteien-Regierung letztlich sein wird und ob es zu weiteren notwendigen Strukturreformen kommt.
Die Wirtschaft zeigte sich zuletzt in „bella figura“. Den dramatischen Wirtschaftseinbruch durch Corona hat das Land mehr als aufgeholt. Nun sind kleinere Rückgänge der Wirtschaftsleistung zu erwarten. Der Aufschwung ab Frühjahr 2023 dürfte aber lebhaft ausfallen, so dass im Gesamtjahr eine schwarze Null wahrscheinlich ist.
Zwar ächzt auch hier die Industrie unter den explodierenden Energie- und Rohstoffkosten und die Haushalte leiden unter der Inflation, die 2023 noch über 4 % liegen dürfte.
Allerdings helfen die großzügigen Mittelzuweisungen aus Brüssel. Das Land hat neben kohäsionspolitischen Zuweisungen von über 40 Mrd. Euro bis 2027 Anspruch auf Transfers von rund 70 Mrd. Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität. Hinzu kommen günstige Kredite. Voraussetzung ist, dass die vorgegebenen Reformziele z.B. in der Verwaltung eingehalten werden. Digitalisierungsprojekte und Umweltschutz können davon profitieren.
„Milliardenhilfen aus Brüssel sind für Italien eine historische Chance, das Land voranzubringen. Die neue Regierung sollte diese ergreifen.“
Der starke Investitionsaufschwung Italiens erklärt sich auch hierdurch, obwohl Personal für die Umsetzung fehlt. Die Bauinvestitionen sind aktuell fast 30 % und die Ausrüstungen rund 15 % höher als vor der Corona-Krise. Das Unternehmensklima ist bisher nur leicht gesunken. 2023 sollten die Anlageinvestitionen weiter zulegen, aber an Dynamik verlieren.
Das Geschäftsklima im Bau ist auf hohem Niveau. Neben Infrastruktur wird auch verstärkt in den Wohnungsbau investiert, dessen jahrelanger Rückgang bereits 2015 zu Ende gegangen war. Die Dynamik der Wohnungsbauinvestitionen hat 2022 mit einem Zuwachs von real rund 11 % deutlich zugenommen. Trotz höherer Hypothekenzinsen sind die Baugenehmigungen und die Wohnimmobilienpreise bis zuletzt gestiegen. 2023 sollten moderate Zuwächse im Wohnungsbau möglich sein.
Auch in Italien stiegen die privaten Konsumausgaben 2022 mit 3 % deutlich. Weniger erfreulich sieht es für 2023 aus. Das von der Kommission gemessene Verbrauchervertrauen ist hier deutlich gesunken. Die Löhne können mit der hohen Inflation nicht mithalten.
In welchem Ausmaß die neue Regierung Steuererleichterungen bzw. Transfers z.B. zur Abmilderung der hohen Energiebelastungen beschließt, ist noch unklar. Der finanzielle Spielraum ist zumindest aufgrund der hohen Staatsverschuldung von rund 150 % des Bruttoinlandsprodukts begrenzt. Trotz einer weiter sinkenden Sparquote dürften die privaten Konsumausgaben 2023 nur stagnieren. Der Außenhandel wird das Wirtschaftswachstum erneut belasten.
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