Trotz einer insgesamt beeindruckenden Aufholjagd verlief die Kurserholung regional durchaus unterschiedlich. Unter den großen Wirtschaftsmächten hat China mit Blick auf den Aktienmarkt die Corona-Krise bislang am besten gemeistert. So notieren chinesische Titel (Shanghai Shenzhen CSI 300) per 4. November 18 % über dem Jahresendstand 2019. Bei US-Werten (S&P 500) beträgt der Zuwachs 7 %, wohingegen Euro-Aktien (EURO STOXX 50) noch ein Minus von 16 % aufweisen.
Die Risikoaversion der Aktienanleger hat sich seit ihrem Höhepunkt im März im Jahresverlauf deutlich zurückgebildet. So bewegt sich die implizite Aktienvolatilität der international führenden Indizes – ein Gradmesser für die wahrgenommene Unsicherheit der Marktteilnehmer – auch nach den erneuten Lockdowns weitgehend innerhalb normaler Bandbreiten.
Warum gehen die Marktteilnehmer so überraschend unaufgeregt mit der Corona-Krise um? Der Hauptgrund dürfte die Kombination aus einer global extrem expansiven Fiskalpolitik und der ultralockeren Geldpolitik sein. Anleger haben vor diesem Hintergrund offensichtlich ihren Investmenthorizont verlängert und setzen bereits auf eine Zeit nach Corona. Dies hat teilweise zu einer markanten Ausweitung der Bewertung geführt.
Aktien werden sich wohl auch 2021 im Spannungsfeld zwischen hoher Bewertung und dem Mangel an Anlagealternativen bewegen. Dabei profitieren Dividendentitel von ihrem Status als Sachwerte. Immerhin hat das weltweite Volumen negativ verzinster Staatsanleihen wieder den Spitzenwert vom August 2019 erreicht. Bis wirksame Impfstoffe zur Verfügung stehen, werden Aktien allerdings auf die Unterstützung durch Geld- und Fiskalpolitik angewiesen bleiben. Zudem wird es darauf ankommen, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie so zu dosieren, dass der ökonomische Schaden beherrschbar bleibt. Dass dies stets auf Anhieb gelingt, ist allerdings keine ausgemachte Sache. Insofern könnten gerade sogenannte Risiko-Assets zeitweilig ins Stolpern geraten. Mit Blick auf die zu erwartenden medizinischen Fortschritte und eine damit einhergehende dynamische Konjunkturerholung versprechen Aktien 2021 unter den Anlageklassikern jedoch am besten zu laufen.
Dies trauen Anleger Aktien am ehesten zu:
„Erfolg haben heißt, einmal mehr aufstehen, als man hingefallen ist.“
Winston Churchill (1874 – 1965)
Zu den Profiteuren am US-Markt zählten 2020 vor allem Titel aus den Bereichen Informationstechnologie, Telekommunikationsdienstleistungen und Internethandel. Gerade diese Aktien sind im S&P 500 hoch gewichtet. So nimmt deren Anteil an der Marktkapitalisierung des Index rund 50 % ein. Er ist damit annähernd so hoch wie in der Spitze des New Economy Booms Ende der 1990er Jahre. Auch dies hat dazu beigetragen, dass die Bewertung des S&P 500 – gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis – annähernd die Spitzenwerte aus dem Frühjahr 2000 erreicht hat. Auch wenn das Zinsniveau weiterhin niedrig bleibt, besteht hier kaum Spielraum für dauerhaft höhere Bewertungen, zumal auch andere Sektoren des USMarktes bereits teuer sind. Daher dürften die Kurse lediglich in dem Ausmaß zulegen, wie sich auch die Perspektiven für die Unternehmensergebnisse verbessern. Für den S&P 500 erwarten wir einen Jahresendstand 2021 von 3.750 Punkten.
Europäische und insbesondere deutsche Dividendentitel sind dagegen deutlich niedriger bewertet als ihre US-Pendants.
So bewegt sich der DAX gegenwärtig innerhalb des langfristig fairen Bewertungsbandes. Mit der von uns unterstellten dynamischen Erholung der Wirtschaft werden die Erwartungen für die Unternehmensgewinne spürbar anziehen. Gleichzeitig besteht Raum für eine moderate Bewertungsexpansion und somit Potenzial für Kurszuwächse.
Im Hauptszenario bewegt sich der DAX 2021 überwiegend in der oberen Hälfte des fairen Bewertungsbandes von 11.000 bis 14.500 Punkten. Gegen Jahresende erwarten wir den deutschen Leitindex bei 14.000 Punkten.
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