Es kommt einem Ritterschlag gleich, wenn sich ein deutsches Wort auch im englischen Sprachraum etabliert. Die deutsche „Wanderlust“ ist ebenso in aller Munde wie der „Kindergarten“ oder das „Wunderkind“. Auch der Begriff „Schuldschein“ gehört dazu, ein Beleg der wachsenden Beliebtheit des Finanzierungsinstruments – vor allem bei Unternehmen.
Als Alternative zu Anleihen oder dem herkömmlichen Bankkredit bieten Schuldscheine viele Vorteile: Sie sind flexibel, transparent und vergleichsweise unbürokratisch. Die üblichen Laufzeiten von Schuldscheindarlehen liegen zwischen drei und zehn Jahren; zudem können Firmen mit einem Schuldschein Geld über mehrere Laufzeiten sowie von mehreren Investoren einsammeln.
Für Finanzierungsvorhaben ab 20 Millionen Euro können Schuldscheindarlehen maßgeschneidert an den spezifischen Unternehmensbedarf angepasst werden – und versprechen den Darlehensgebern wie Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Versicherern, Pensionskassen und internationalen Investoren verlässliche Renditen.
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können Schuldscheindarlehen maßgeschneidert an den spezifischen Unternehmensbedarf angepasst werden.
Als einer der Marktführer möchte die Helaba den Markt für Schuldscheine proaktiv mitgestalten und weiterentwickeln. Einerseits, um neue Möglichkeiten zu nutzen, die sich im Zuge der Digitalisierung sowie der zunehmenden Internationalisierung des Finanzmarkts ergeben. Andererseits, um der Philosophie der Helaba entsprechend auch etablierte Abläufe immer wieder hinsichtlich ihrer Effizienz zu hinterfragen.
„,Das haben wir schon immer so gemacht‘ ist für uns kein Argument, sondern eher die Aufforderung zu überlegen, ob man es nicht auch anders oder besser machen könnte“, sagt Christopher Gadomski, Gruppenleiter im Bereich allgemeine Unternehmensfinanzierung und Insolvenzrecht der Helaba.
„,Das haben wir schon immer so gemacht‘ ist für uns kein Argument, sondern eher die Aufforderung zu überlegen, ob man es nicht auch anders oder besser machen könnte.“
Christopher Gadomski
Der klassische Schuldschein hatte ein Update nötig, denn bislang war der analoge Abwicklungsprozess sehr zeit- und ressourcenintensiv. Für Frank Bohn, Helaba-Referent für die Schuldschein-Abwicklung, war die technische Weiterentwicklung des Prozesses unerlässlich: „Die bisherige Interaktion mit den zahlreichen Beteiligten war sehr papierlastig, denn die vielen Dokumente wurden ausgedruckt und postalisch verschickt.“
Bisher lief es ungefähr so: Die Helaba erstellt – ebenso wie alle anderen Banken – in dreifacher Ausführung einen Vertrag für die Geschäftsbeziehung zum Kunden, verschickt diesen, der Kunde unterschreibt und sendet ihn per Post zurück, wo er händisch geprüft wird. Ähnlich ist das Prozedere auch bei der Eigentumsübertragung, für die diverse Zertifikate erstellt und unterschrieben werden müssen. Zudem muss dieser Prozess auch dem Darlehensnehmer dokumentiert werden.
„Bei großen Transaktionen haben wir Hunderte Investoren in ganz Europa, mit denen wir bislang auf postalischem Wege korrespondieren mussten“, so Frank Bohn. Dieser manuelle Prozess mit vielen Interaktionen von der Geschäftsbestätigung bis zur finalen Eigentumsübertragung und Anzeige nahm im Regelfall mehrere Wochen in Anspruch.
2017 begannen die Überlegungen, Mittel und Wege zu finden, um den Prozess zu beschleunigen, allen Beteiligten viel Zeit und tonnenweise Papier zu sparen. „Wir waren uns schnell einig, dass der Schuldschein das ideale Instrument für eine digitale Abwicklung ist“, sagt Klaus Distler, Leiter Corporate Debt Capital Markets bei der Helaba. „Der Schuldschein selbst ist vom Grundsatz her einfach, aber die Umsetzung erfolgt in vielen manuellen Einzelschritten, die wir auf eine digitale Plattform übertragen wollten.“ Doch wie? Oder mit wem?
„Wir waren uns schnell einig, dass der Schuldschein das ideale Instrument für eine digitale Abwicklung ist.“
Klaus Distler
„Wir haben viele Optionen geprüft und schließlich entschieden, uns einen Partner zu suchen, der nachweislich eine große Expertise auf dem Gebiet hat: vc trade – die Plattform für digitale Finanztransaktionen“, so Klaus Distler. Im Nachhinein hat sich die Entscheidung als goldrichtig erwiesen. Zunächst ist vc trade kein Wettbewerber – denn einige Plattformen arbeiten parallel zu den Banken und möchten die Transaktionen selbst abwickeln. Doch gerade bei Schuldscheinen schätzen die beteiligten Emittenten und Investoren, dass eine Bank als Intermediär fungiert.
vc trade versteht sich als Marktplatz – und auf diesem tummeln sich viele Anbieter und Abnehmer. Aktuell zählt die Plattform über 900 institutionelle Investoren. Seit 2018 wurde über Schuldscheine für rund 130 Unternehmen Kapital in Höhe von 20 Milliarden Euro eingesammelt. Für Klaus Distler ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit: „Nur so kann das Geschäft und auch der Markt funktionieren, mit einem möglichst variantenreichen Angebot verschiedener Player/Anbieter.“
Doch das entscheidende Argument für die Kooperation mit dem Frankfurter FinTech war und ist das Know-how des Teams um die drei Gründer Stefan Fromme, Sebastian Glock und Tobias Zöller. Jeden einzelnen Prozessschritt der Schuldschein-Abwicklung zu digitalisieren, kommt einer technischen Herkulesaufgabe gleich, doch in Frankfurt war man ihr gewachsen. Neben der technischen Umsetzung waren zudem regulatorische Herausforderungen zu bewältigen, die sich unter anderem durch die verschiedenen Rechtsräume der Investoren ergeben.
„Unsere Aufgabe in der Produktentwicklung ist es, Zukunft zu gestalten. Bei vc trade loten wir bewusst die Grenzen des Machbaren aus, ein Zusammenspiel zwischen Technologie, Regulatorik und Marktakzeptanz.“
Anne Kleinsorge
Stefan Fromme, Mitgründer von vc trade blickt begeistert auf den gemeinsamen Weg zurück: „Es ist schon enorm – wir sind im Frontoffice gestartet mit der Anbahnung, Vermarktung und Syndizierung von Schuldscheinen. Jetzt haben wir den Abwicklungsprozess – mit der automatischen Erstellung der Geschäftsbestätigung und der Eigentumsübertragung – in das Backoffice hinein erweitert.“ Der Abwicklungsprozess läuft damit nun vollständig papierlos und die Interaktionen werden auf ein Minimum reduziert, da der Austausch von Informationen und Unterlagen ausschließlich über die vc trade-Plattform erfolgt.
„Im Idealfall ist der Prozess, der bisher mehrere Wochen in Anspruch genommen hat, innerhalb eines Tages abgeschlossen“, resümiert Frank Bohn. Zudem sorgen die hohe Standardisierung und die volle Transparenz der Vorgänge für ein Höchstmaß an Sicherheit auf allen Seiten. Diese Form der digitalen Abwicklung der Schuldscheine ist weltweit ein Novum und setzt einen neuen Marktstandard.
vc trade gestaltet die Zukunft der digitalen Unternehmens-finanzierung und steht für einen innovativen, digitalen und effizienten Marktplatz für Unternehmensfinanzierung und für eine hochsichere Infrastruktur die Front-to-Back Abbildung von Transaktionen ermöglicht. vc trade etabliert neue Standards, automatisiert Arbeitsabläufe und macht modernste Technologien für alle Marktteilnehmer verfügbar. Sitz des Unternehmens ist Frankfurt am Main.
„Im Idealfall ist der Prozess, der bisher mehrere Wochen in Anspruch genommen hat, innerhalb eines Tages abgeschlossen.“
Frank Bohn
„Wir freuen uns, dass die Helaba diesen Schritt gemeinsam mit uns gegangen ist“, sagt Stefan Fromme. „Denn das müssen wir ganz realistisch sehen: Um einen neuen Standard zu etablieren, brauchen wir Partner, die an den Märkten eine hohe Durchdringung haben. Deshalb ist die Partnerschaft mit der Helaba ideal für uns.“ Entscheidend für den Erfolg des Projekts sei zudem das inhaltliche Know-how der Helaba gewesen. Durch die langjährige Expertise wusste man, was Emittenten, Investoren und auch Banken von einer Plattform wie vc trade erwarten.
„Beide Unternehmen haben in diesem Prozess enorm viel von der Gegenseite gelernt. Die Helaba war mit ihrer Markterfahrung der ideale Sparringspartner für vc trade, denn wir hatten und haben klare Vorstellungen, wie die digitale Abwicklung der Schuldscheine für alle Seiten bestmöglich funktionieren kann“, so Frank Bohn. Dabei sei von Vorteil, dass vc trade ein Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen ist und deshalb schnell und flexibel auf die Anregungen der Helaba reagieren könne.
„Wir haben eher den amerikanischen als den deutschen Weg gewählt“, erklärt Klaus Distler. „Statt zum Start alles bis ins Detail perfekt auszuarbeiten, haben wir lieber in kürzerer Zeit eine gute Basis geschaffen, um von dort aus weiterzuentwickeln.“
Als Bank, die gewisse Formalitäten und Abstimmungsprozesse einhalten muss, bedurfte es seitens der Helaba einer gehörigen Portion Offenheit und Mut, um sich auf diese maximal agile Arbeitsweise einzulassen. „Man könnte sagen: Schlachtschiff trifft Schnellboot. Es versteht sich von selbst, dass eine Landesbank und ein FinTech erst einmal zusammenfinden müssen. Aber glücklicherweise waren wir sehr schnell auf einer Wellenlänge“, sagt Klaus Distler.
„Es versteht sich von selbst, dass eine Landesbank und ein FinTech erst einmal zusammenfinden müssen. Aber glücklicherweise waren wir sehr schnell auf einer Wellenlänge.“
Klaus Distler
Alle Beteiligten sind sich einig: Der Erfolg des gemeinsamen Projekts ist nicht zuletzt auf die außergewöhnlich kollegiale und angenehme Zusammenarbeit zurückzuführen: „Es hat menschlich einfach gepasst“, so Christopher Gadomski. „Projekte wie diese leben davon, dass die Beteiligten mit Herz bei der Sache sind – und das war hier definitiv der Fall.“
„Wir vertrauen uns blind, denn die Absprachen untereinander werden immer zu einhundert Prozent eingehalten und jeder steht zu seinem Wort. Ein solches, uneingeschränktes Vertrauen ist schon außergewöhnlich.“
Stefan Fromme
Laut Klaus Distler zeichnet die Zusammenarbeit mit vc trade der Spaßfaktor, die Offenheit und die Kritikfähigkeit aus: „Es hilft, wenn man sich gut versteht, eine persönliche Ebene teilt und Spaß bei der Arbeit hat. Aber es ist genauso wichtig, die unterschiedlichen Ansichten zuzulassen und offen zu sein für kritische Anregungen.“ Stefan Fromme von vc trade lobt besonders die Verlässlichkeit der Zusammenarbeit: „Wir vertrauen uns blind, denn die Absprachen untereinander werden immer zu einhundert Prozent eingehalten und jeder steht zu seinem Wort. Ein solches, uneingeschränktes Vertrauen ist schon außergewöhnlich.“
„Projekte wie diese leben davon, dass die Beteiligten mit Herz bei der Sache sind – und das war hier definitiv der Fall.“
Klaus Distler
Die rechtliche Ausgestaltung des Produkts ist gleichzeitig auch sein Alleinstellungsmerkmal. Man wollte bereits im Vorfeld alle möglichen Fragen sämtlicher beteiligter Parteien antizipieren, um vor Überraschungen gefeit zu sein. Juristisch wird das Projekt federführend Inhouse vom Team rund um Christopher Gadomski betreut. Kein einfaches Unterfangen, denn es gibt viel zu beachten: „Im Wesentlichen geht es uns um drei Punkte: 1. Unsere Lösung muss pragmatisch und wirksam sein. 2. Die Rechtssicherheit muss gewährleistet und nachweisbar sein. 3. Auch die zahlreichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Handelsgeschäfte, die aus einer Zeit vor der Digitalisierung stammen, müssen umgesetzt werden“, erklärt Christopher Gadomski.
Von all der Komplexität im Hintergrund sollen die Kunden jedoch nichts mitbekommen – sie sollen ein effizientes Tool und einen maximal vereinfachten Prozess vorfinden. „Dabei haben wir zum Beispiel auch an die Sparkassen als Investoren gedacht, die vielleicht keine eigene Rechtsabteilung haben. Auch sie sollen sich wohlfühlen und sich sicher sein können, dass wir juristisch bereits alles auf Herz und Nieren geprüft haben. Es geht also nicht nur darum, eine gute Lösung zu haben, sondern dies auch dokumentieren und belegen zu können“, so Christopher Gadomski.
Ein entscheidendes Element dabei: die elektronische Signatur. Gemäß der europäischen eIDAS-Verordnung benötigen Dokumente eine rechtsverbindliche Signatur – nur so kann eine Eigentumsübertragung vollzogen werden. Gemeinsam mit DocuSign, einem Anbieter, der elektronische Unterschriften verifiziert, hat vc trade einen Weg gefunden, die Signatur rechtsverbindlich gemäß der EU-Verordnung zu generieren.
Damit können Nutzer der vc trade-Plattform bequem und einfach Dokumente legitimieren, ohne sich bei einem dritten Anbieter zu registrieren. „Das Prinzip überzeugt – auch unsere Investoren“, sagt Frank Bohn. „Auch sie mussten natürlich Vertrauen fassen in die elektronische Signatur, denn bislang haben sie die Dokumente im Rahmen der Schuldschein-Abwicklung ausschließlich händisch unterschrieben.“
Die elektronische Signatur zielt ebenso wie der gesamte digitalisierte Abwicklungsprozess darauf ab, die Vorgänge zu vereinfachen und zu beschleunigen – ohne Einbußen in puncto Sicherheit. „Wir können allen Beteiligten deutlich mehr Service bieten, von daher ist es eine Win-win-win-Situation für Darlehensnehmer, Darlehensgeber und die Helaba als Zahlstelle“, so Klaus Distler.
Sämtliche Vorgänge laufen über die vc trade-Plattform und können dort in real time nachvollzogen werden. Dies sorgt für maximale Transparenz und einen reibungslosen Prozess, der auch im Handling deutlich angenehmer ist als zuvor. Hinzu kommt die massive Einsparung von Papier, die für die Helaba und vc trade mit Blick auf die Nachhaltigkeit des Prozesses ebenfalls ein wesentlicher Aspekt ist.
Der ressourcenschonende Prozess leistet einen konkreten ökologischen Beitrag und unterstreicht die Vision der Beteiligten in puncto gesellschaftlicher Verantwortung. „Und wir sparen durch die Automatisierung nicht nur Unmengen an Papier, sondern auch enorm viel Zeit“, resümiert Klaus Distler. „Wir können die so gewonnene Zeit darauf verwenden, mit unseren Emittenten und Investoren zu sprechen.“
Und für Stefan Fromme ist es auch ein bisschen der Glaube daran, dass er und sein Team die Welt zu einem besseren Ort mitentwickeln können. Das sei für ihn keine Träumerei. Sondern Teil der Vision von vc trade, für die alle jeden Tag auch etwas tun, um sie zu realisieren.
Die digitale Abwicklung Schuldschein ist also ein Erfolgsprojekt und fügt sich nahtlos in die digitale Agenda der Helaba ein. Es belegt an einem Kernprodukt, dass die Digitalisierung zum Vorteil aller Beteiligten gelingen kann. Mit der Tochtergesellschaft Helaba Digital investiert die Bank auch in anderen Bereichen in innovative Projekte, um gemeinsam mit Startups Lösungen zum Nutzen der Kunden zu schaffen.
Mit vc trade soll die fruchtbare Zusammenarbeit in jedem Fall fortgesetzt werden: „Wir diskutieren laufend neue Ideen und freuen uns darauf, diese mit ebenso viel Herzblut und Gemeinschaftssinn wie den Schuldschein umzusetzen“, so Christopher Gadomski.
Und auch Klaus Distler ist überzeugt: „Wir arbeiten aktuell schon an einer Produktausweitung für die Sparkassen-Finanzgruppe und sind zuversichtlich, dass wir auch hier zu Lösungen kommen werden, die einen neuen Standard setzen werden.“
Die Helaba Digital versteht sich als ein strategischer CorporateVenture Capital Partner mit nachhaltigem Denken und langfristigem Ansatz. Als hundertprozentige Tochter der Helaba ist das Ziel, bestehende und neue Geschäftsprozesse des Konzerns durch die Beteiligung an innovativen Unternehmen auf- und auszubauen.