Es gibt viele gute Gründe, an den nordwestlichen Rand des Thüringer Waldes nach Eisenach zu fahren: Die sechstgrößte Stadt des Bundeslandes – mit knapp 43.000 Einwohnern – liegt malerisch eingebettet zwischen vier grünen Tälern zu Füßen der historischen Wartburg. Eisenach ist einladend: die Natur, die Kultur, die Menschen, die Atmosphäre.
Doch wer bislang am Eisenacher Hauptbahnhof aus dem Zug gestiegen und in Richtung Innenstadt gelaufen ist, musste einen anderen Eindruck gewinnen. Denn zu sehen war zunächst ein Bretterzaun. Dahinter nichts als ein großes Loch, eine städtebauliche Wunde. Für die Eisenacher Bürgerinnen und Bürger war die Industriebrache zwischen Hauptbahnhof und Fußgängerzone jahrzehntelang der berühmt-berüchtigte „Schandfleck“ und die „Schmuddelecke“ der Stadt. Seit der Wende warten die Eisenacher darauf, dass mit der ungenutzten Fläche in dieser exponierten Lage etwas Sinnvolles passiert. Einige Investoren haben sich über die Jahre bemüht – allerdings vergeblich, was insbesondere an der Vorgeschichte des Grundstücks lag.
Finanzierungsvolumen
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Bis in die 1960er Jahre stand dort eine Farbenfabrik, die den Boden hochgradig belastet hat. Dies wurde allerdings erst Anfang der 90er Jahre festgestellt, nachdem das Grundstück zunächst als Parkplatz und später als Grünfläche weitergenutzt wurde. Danach kam die Bretterwand, und es war klar: Eine Nutzung der Fläche ist durch die notwendige „Entgiftung“ ein kostspieliges Unterfangen – eine gewerbliche Nutzung sogar die einzige Option.
In den 2000er Jahren kaufte schließlich ein privater Investor das Grundstück und dekontaminierte einen Teil des Geländes mit finanzieller Unterstützung des Landes Thüringen. Als die Nutzungspläne des Investors konkreter wurden, wurde jedoch schnell deutlich, dass die Menschen in Eisenach andere Vorstellungen haben. Die Bürger protestierten lautstark gegen die neuen Pläne.
2012 trat dann Katja Wolf das Amt als Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach an. Sie erinnert sich: „Ich habe das Projekt zu einem Stand übernommen, der mir zutiefst zuwider war – das gebe ich ehrlich zu. Geplant war eine gesichtslose Shopping Mall mit bis zu 35 Läden, die unsere Innenstadt kannibalisiert hätte. Damit hatte ich von Anfang an Bauchschmerzen. Es drängte sich das Gefühl auf, dass in der Stadt etwas passiert, das unserer zukünftigen Entwicklung einfach nicht guttut.“ Gemeinsam mit dem Stadtrat und der Unterstützung der Bevölkerung schaffte es die Oberbürgermeisterin, dass noch einmal neu über die Nutzung der Fläche nachgedacht wurde.
Entsorgung von
kontaminiertem Boden
„Industrielle Stärke, Kultur und Natur ist das, was die
Zukunftsfähigkeit der Stadt Eisenach ausmacht.
Ein Wert, den wir wie einen Schatz in uns tragen.“
Katja Wolf
Oberbürgermeisterin
Stadt Eisenach
Für einen Neustart brauchte es allerdings auch einen neuen Investor, der sich auf die komplexen Rahmenbedingungen in Eisenach einlassen würde. Gefunden wurde die mittelständische May & Co. Unternehmensgruppe, ansässig in Schleswig-Holstein und spezialisiert auf die Projektentwicklung von Einzelhandels-, Logistik- und Hotelimmobilien.
Ebenso dringend wie die Frage nach dem „Wer?“ stellte sich 2015 die Frage nach dem „Was?“. Es sollte keine klassische Shopping Mall geben und vor allem keine Bretterwand mehr. Es folgten zahlreiche Bürgerversammlungen und eine „Projektwerkstatt“, um die Wünsche der Eisenacher Bevölkerung und der Stadt zu diskutieren. Allen Beteiligten war bewusst: Es geht nur im Dialog! „Insofern haben wir am Anfang sehr viel Zeit investiert, um erst einmal zu verstehen, was die Stadt wirklich will“, berichtet Dr. Christian Kolb, im Bereich Investment und Development bei May & Co. tätig und Leiter des Projekts. „Auch um aufzuzeigen, es geht uns hier nicht darum, dass wir unser Ding eins zu eins umsetzen. Wir wollen auf die Belange der Stadt und der Bevölkerung eingehen.“
„Die Menschen in Eisenach mitzunehmen war uns besonders wichtig. Ich bin stolz, dass wir das durch Zuhören und durch eine kluge Planung geschafft haben.“
Dr. Christian Kolb
Investment & Development
May & Co.
Im Dialog wurde dann schnell festgestellt: Eisenach braucht Parkplätze – vor allem im Stadtkern. Eisenach würde von zentral gelegenen Tagungsflächen profitieren. Und Eisenach wünscht sich weitere Möglichkeiten, stadtnah einzukaufen. Statt eine innenliegende Shopping Mall als abgeschlossenen Kosmos zu entwickeln, sollten die neuen Läden ausdrücklich Teil der gewachsenen Stadt sein. Sie sollten sich zur angrenzenden Bahnhofstraße orientieren und großflächig Raum für Einzelhandel schaffen, der eine Ergänzung zum Angebot in der Fußgängerzone darstellt – keine Konkurrenz. All diese Überlegungen fanden auch vor dem Leitgedanken „Eisenach verbindet“ statt, dem die Stadt aktuell auch aus stadträumlicher Sicht folgt.
Der Immobilienprojektentwickler und -investor hat seit Gründung 1983 über 300 Projektentwicklungen in den Bereichen Einzelhandels-, Logistik- und Hotelimmobilien sowie zur Erschließung von Wohnbauland realisiert. Immer mit dem Ziel langlebige, lebendige und lebenswerte Immobilien zu entwickeln.
Mit einem Investitionsvolumen von 25 Millionen Euro ist das „Tor zur Stadt“ in Eisenach heute das größte private Entwicklungsprojekt seit rund 20 Jahren.
Mit dem "Tor zur Stadt" entstehen
neue Arbeitsplätze
Um das Projekt auch finanziell in sicheres Fahrwasser zu bringen, entschied sich der Projektentwickler May & Co. für seine „Haussparkasse“ in Lüneburg. Das ausgewogene Konzept überzeugte aber auch die Wartburg-Sparkasse vor Ort, sich finanziell am „Tor zur Stadt“ zu beteiligen. Es brauchte jedoch einen weiteren starken Partner. „Als mittelständische Sparkasse können wir ein Finanzierungsvolumen in Höhe von 25 Millionen Euro nicht alleine stemmen; dennoch wollten wir unserer Verantwortung hier vor Ort natürlich gerecht werden“, berichtet Andreas Reinemann, stellvertretender Abteilungsleiter Firmenkundengeschäft der Wartburg-Sparkasse. Gemeinsam entschloss man sich 2017, die Helaba mit ins Boot zu holen. Zum einen, weil sie als Verbundbank in der Vergangenheit bereits zahlreiche Projekte gemeinsam mit den Sparkassen realisiert hat. Zum anderen, weil die Helaba als größte europäische Finanziererin von Gewerbeimmobilien sowohl über eine tiefe Marktkenntnis als auch über eine hohe Finanzierungs- und Strukturierungsexpertise verfügt. Und so steuert die Helaba den Großteil der Finanzierungssumme bei, doch die Wartburg-Sparkasse tritt als Konsortialführerin auf und fungiert als Schnittstelle zwischen Sparkassen, Helaba und der Projektentwicklungsgesellschaft.
„Ich hatte das Projekt in all den Jahren vor 2015 eigentlich schon aufgegeben. Dass wir als Wartburg-Sparkasse nun unseren Teil zum Gelingen beigetragen haben, macht mich sehr stolz.“
Andreas Reinemann
Stellvertretender Abteilungsleiter Firmenkundengeschäft Wartburg-Sparkasse
„Wir freuen uns einfach, dabei zu sein“, sagt Malaika Priebe, Expertin Sparkassenkreditgeschäft der Helaba, „und das auch noch in unserem Heimatmarkt in Thüringen, wo wir sehr konkret zeigen können, für was wir in der Zusammenarbeit mit den Sparkassen und im gemeinsamen Immobiliengeschäft stehen.“ Für sie ist die Rolle der Helaba dabei klar definiert: „Wir unterstützen hier vor Ort die Sparkasse; aber letztlich in dem Sinne, dass wir nur die Dinge beitragen, die die Sparkasse selbst nicht leisten kann. Ansonsten nehmen wir uns zurück, weil es ihr Standort und ihr Kunde ist.“
„Was unsere Zusammenarbeit in Eisenach auszeichnet ist, dass wir uns immer auf die Aussagen und die Erfahrungen der beiden Sparkassen verlassen konnten.“
Malaika Priebe
Sparkassenkreditgeschäft
Helaba
Konkret heißt das: Die Helaba steuert die Projekterfahrung mit großen Gewerbeimmobilien bei, die Sparkasse Lüneburg ihre Erfahrung mit dem Projektentwickler May & Co. und die Wartburg-Sparkasse ihre regionale Expertise .
„Und so ist ein Dreamteam entstanden!“, sagt Andreas Reinemann, der die Rollenverteilung und die Zusammenarbeit ebenfalls durchweg positiv bewertet. Malaika Priebe ergänzt: „Wir mussten natürlich eng zusammenarbeiten und uns immer wieder abstimmen – und dieses Zusammenspiel funktioniert nun schon mehr als zwei Jahre völlig reibungslos.“
Am unkomplizierten Ablauf hat auch Projektentwickler May & Co. entscheidenden Anteil: „Die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Kolb und der May-Gruppe war von Anfang an sehr angenehm. Man konnte spüren, es mit einem engagierten, familiengeführten Unternehmen zu tun zu haben. Die Entscheidungswege sind kurz, die Kompetenz ist hoch. Die Kollegen sind absolute Profis mit 30 Jahren Erfahrung – und das war in jeder Phase des Projekts zu sehen“, sagt Andreas Reinemann. Zudem gab es immer großes Verständnis für die Bedürfnisse der Finanzierenden, denen May & Co. stets mit Lösungsbereitschaft begegnet ist. Schließlich sei auch die Arbeit vor Ort „exzellent“ gewesen – im Vorfeld mit der Politik sowie während des Baus mit den beteiligten Firmen.
Auch bei May & Co. genießt man die Zusammenarbeit: „Die Grundlage für den Erfolg eines solch ambitionierten Projekts mit vielen Beteiligten sind Vertrauen sowie ein offener und transparenter Umgang miteinander. Ein Wort zählt! Zudem müssen die Banken eine gewisse Flexibilität mitbringen, da Kostenabweichungen beim Bau leider dazugehören.“ Christian Kolb weiter: „Insbesondere das ganze Thema Kreditverhandlung ist sehr schnell gelaufen – weil unsere Partner beides an den Tag gelegt haben: Vertrauen und Flexibilität.“
„Bei einem solch ambitionierten Projekt mit vielen Beteiligten, ist ein offener und transparenter Umgang miteinander Grundlage für den Erfolg. Ein Wort zählt!
Zudem müssen Banken eine gewisse Flexibilität mitbringen, da Kostenabweichungen beim Bau leider dazugehören.“
Dr. Christian Kolb
Investment & Development
May & Co.
Zur Stärkung der Sparkassen im Kreditgeschäft bietet die Helaba über METAPlus Immobilien die Möglichkeit von Haftungsübernahme oder Barbeteiligungen bei Immobilienfinanzierungen an.
Malaika Priebe und Andreas Reinemann über die konkrete Zusammenarbeit in Eisenach und den Mehrwert von METAPlus Immobilien.
All das zeigt: Komplexe Projekte wie das „Tor zur Stadt“ brauchen Ausdauer und ein starkes Team. Der bisherige Erfolg ist daher nicht zuletzt der intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Beteiligten geschuldet. Das neue „Tor zur Stadt“ ist für Oberbürgermeisterin Katja Wolf auch deshalb ein „Musterbeispiel an Nachhaltigkeit“, das mittelfristig zu einer Aufwertung der Stadt führen wird. „Kein Zweifel, das ist ein Projekt, das uns alle sehr viel Energie gekostet hat“, so Katja Wolf. Schlussendlich sei es jedoch aufgrund der geteilten Vision aller Beteiligten zu einem „Herzensprojekt“ geworden.
Und so ist es der gemeinsame Wunsch, dass das „Tor zur Stadt“ Eisenach langfristig guttut und einen initialen Impuls für die weitere Entwicklung gibt. Wie der Neubau schlussendlich von den Bürgern angenommen wird, wird sich zwar noch zeigen müssen, aber fest steht schon heute: Wer künftig mit Blick auf die Wartburg aus dem Zug steigt, wird nicht mehr vor einer Bretterwand stehen, sondern vor dem neuen „Tor zur Stadt“ und mitten im Eisenacher Leben.