Ganz gleich, ob man zuhause auf der heimischen Couch ruckelfrei die Lieblingsserie streamen möchte oder im Arbeitsalltag große Datenmengen verschicken und empfangen muss: Wenn’s ums Internet geht, zählt vor allem die Schnelligkeit. In ländlichen Regionen sind Bandbreiten von unter einem Megabit pro Sekunde allerdings oft Standard. Dabei ist längst klar: Schnelles Internet ist ein integraler Bestandteil moderner Infrastruktur geworden. Wirtschaftliches Wachstum, allgemeiner Wohlstand, Bildung und eine gute medizinische Versorgung hängen zunehmend davon ab. Aus diesem Grund unterstützt die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) Kommunen, die den Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur vorantreiben wollen – mit einem zinsgünstigen Breitbanddarlehen.
Auch der Main-Kinzig-Kreis hatte bis vor wenigen Jahren mit dem Problem eines rückständigen übertragungsnetzes zu kämpfen. Der Mangel an schnellem Internet trug nicht selten dazu bei, dass es Familien zunehmend in die nahegelegenen Städte zog und dass ansässige Unternehmen überlegten umzuziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Zustand, der sich ändern musste. Das Vorhaben war leicht formuliert: so schnell wie möglich ein flächendeckendes Glasfasernetz schaffen, durch das eine Versorgung von mindestens 25 und bis zu 50 Megabit pro Sekunde möglich wird – und zwar nicht nur in allen 29 Städten und Gemeinden, sondern auch in entlegenen Gebieten des Kreises.
Das geschlossene Engagement des gesamten Kreises – seiner Bürger, Politiker und Unternehmen – hat dazu beigetragen, dass das ehrgeizige Großprojekt in außerordentlich hoher Geschwindigkeit realisiert werden konnte: Nachdem sich zunächst europaweit kein Betreiber hatte finden lassen, der bereit war, einen flächendeckenden Ausbau im Main-Kinzig- Kreis durchzuführen, nahm der Landkreis die Sache selbst in die Hand – und gründete 2012 die Breitband Main-Kinzig GmbH als hundertprozentige Tochtergesellschaft. Die Idee: ein Glasfasernetz zu bauen, das zwar im Besitz des Landkreises ist, aber vollständig an einen Betreiber vermietet wird. Der Plan ging auf. Mit dem bayrischen Telekommunikationsanbieter Mnet war schnell ein Vertragspartner gefunden. Das benötigte Geld kam in Form eines Breitbandförderdarlehens von der WIBank. Mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags Ende 2012 waren auch die ersten Pilotprojekte kurz vor der Fertigstellung, weniger als drei Jahre später war das Gesamtziel erreicht.
Insgesamt wurden rund 600 Kilometer Glasfaserkabel verlegt und trotzdem hat die Modernisierung für die Kommunen und Steuerzahler keine größeren Kosten verursacht. Für jeden angeschlossenen Kunden zahlt Mnet der Breitband Main-Kinzig GmbH eine monatliche Netzmiete, über die der Kreis das Darlehen bei der WIBank refinanziert. Auch das Breitband-Förderprogramm der WIBank ist eine Erfolgsgeschichte für sich: Mittlerweile haben weitere Landkreise vergleichbare Kredite erhalten.
„Was die Finanzierung des Projekts betrifft, hat uns die WIBank von Anfang an optimal unterstützt – wir mussten nie über Alternativen nachdenken.“
Sibylle Hergert,
Geschäftsführerin Breitband Main-Kinzig GmbH
Die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) ist eine Förderbank, die sich dem gesellschaftlich verantwortlichen Handeln verpflichtet hat. Organisatorisch und wirtschaftlich handelt die WIBank selbstständig, rechtlich ist sie als unselbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts Teil der Helaba.
2011
Oktober // Erster Kontakt zwischen Initiatoren und WIBank zu Fördermöglichkeiten
Dezember // Markterkundungsverfahren mit negativem Ausgang – Main-Kinzig-Kreis (MKK) entschließt sich, Ausbau selbst durchzuführen
2012
März // Kreistag des Main-Kinzig-Kreises (MKK) stimmt dem Projekt zu
April // Gründung der Breitband Main-Kinzig GmbH
Oktober // Pilotprojekte starten
Dezember // Darlehenszusage der WIBank über 50,5 Mio. Euro als langfristige Finanzierung
2013
März // Inbetriebnahme der Pilotorte durch M-net: 3.200 Haushalte gehen ans Netz
Mai // Baustart Breitbandmassenausbau MKK
Dezember // 40% der Bauleistung erbracht, 250 km Leitungen verlegt, 30.000 Haushalte am Netz
2014
Dezember // 80% der Bauleistung erbracht, 500 km Leitungen verlegt, 80.000 Haushalte am Netz
2015
August // Der mit Hilfe des WIBank-Darlehens geplante Ausbau wird abgeschlossen
2016 / 2017
Sukzessiver Anschluss von Neubaugebieten, Schulen, Rathäusern und außenliegenden Höfen und Weilern; Anschluss von Unternehmen, deren Bedarf über 50 Mbit/s hinausgeht
45 Mio. €
Investitionen wurden für den Breitbandausbau getätigt, die durch die Netzmiete des Betreibers M-net refinanziert werden.
560 km
Glasfaserkabel wurden bis August 2015 verlegt. Mit weiteren 80 Kilometern Tiefbau werden aktuell unter anderem noch Neubaugebiete und entlegene Höfe an das Breitbandnetz des Main-Kinzig-Kreises angeschlossen.
38.000 Kunden
sind im Main-Kinzig-Kreis bei M-net unter Vertrag. 1.700 davon sind Geschäftskunden – die Zahlen steigen (Stand: Februar 2017).
155 Orte
und Ortsteile wurden bisher an das Breitbandnetz angeschlossen. 95% haben damit Zugang zu Übertragungsraten von 50 Megabit pro Sekunde, alle übrigen zu mindestens 25 Megabit pro Sekunde.
Nachhaltigkeitsthemen wie Energieeffizienz, Umwelt- und Ressourcen schutz, aber auch die nachhaltige soziale und ökonomische Entwicklung des Landes Hessen sind wesentliche Aspekte der Förderprogramme. Neben Privatpersonen, Kommunen und Institutionen unterstützt die WIBank auch Existenzgründer bei der Finanzierung von Wachstum und Innovation – so zum Beispiel auch im TechQuartier in Frankfurt.
Herr Pipa, gab es im Projektverlauf einen Moment, der Sie besonders berührt hat?
Besonders gefreut habe ich mich über die rege Beteiligung und das Interesse der Bürger von Jung bis Alt. Vor allem ein Gespräch mit einem älteren Ehepaar ist mir positiv in Erinnerung geblieben. Die beiden haben Urenkel in Kanada, mit denen sie jetzt über ihr Tablet skypen und Bilder austauschen können. Die neuen Möglichkeiten haben ihre Lebensqualität stark verbessert.
Sie nennen das neue Glasfasernetz „Bürgernetz“. Warum?
Weil es ein Netz von unseren Bürgern und für unsere Bürger ist. Der demografische Wandel war für einige Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis ein großes Problem, für viele Familien war die mangelhafte Internetverbindung ein Grund, wegzuziehen. Jetzt kann ich aber erfreulicherweise von einer umgekehrten Entwicklung sprechen. Der Bürgermeister aus Jossgrund berichtete mir zum Beispiel, dass mittlerweile Familien aus dem Raum Frankfurt aufs Land ziehen. Sie arbeiten weiterhin in Frankfurt, teilweise aber auch im Home-Office.
Darüber hinaus hing der Erfolg des Großprojekts vom Engagement und dem Vertrauen der Bürger ab. Politische Gremien des Landkreises und der Kommunen, Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen wurden von Anfang an in die Planung und Umsetzung mit einbezogen und immer auf dem Laufenden gehalten. Viele haben sich deshalb stark mit dem Projekt identifiziert und standen ihm positiv gegenüber. Der Breitbandausbau hat uns zusammengeschweißt.
Der Main-Kinzig-Kreis hat auch als Wirtschaftsstandort wieder an Attraktivität gewonnen.
Das war ein ganz zentrales Ziel. Im Vorfeld des Projekts hat mir beispielsweise ein Unternehmer aus Flörsbachtal erzählt, dass er große Datenmengen auf USB-Sticks ziehen und persönlich zu seinen Kunden fahren muss, weil seine Internetverbindung bei weitem nicht ausreichte, um die Daten bequem vom Schreibtisch aus zu übertragen. Unter solchen Bedingungen haben manche Firmen keine Zukunft im Kreis gesehen und darüber nachgedacht umzuziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch den Breitbandausbau konnten wir nicht nur bestehende Unternehmen halten, sondern auch neue anziehen. Das heißt: Arbeitsplätze werden gesichert und neue geschaffen. Und diese Entwicklung setzt sich bis heute fort.
„Der Breitbandausbau hat unseren Landkreis und die Kommunen zusammengeschweißt.“
Erich Pipa,
Landrat Main-Kinzig-Kreis